22. Juni 2014

Home is...where?

Ich war gestern nach längerer Zeit in meiner "alten Heimat", auf einem Schützenfest. Schützenfest ist traditionell, auf Dörfern ist das so. Manche lieben es, manche hassen es. Die einen freuen sich, alle Leute zu sehen und beisammen zu sein, die anderen verpöhnen es und sagen "die Bauern wollen nur saufen". Ich war eher immer gegen das Schützenfest, wobei ich sagen muss, dass ich auch nie so der Cliquentyp war. Ich hatte meine engen Freunde und das wars. So mit einer großen Gruppe losgehen war nie etwas für mich. Auch bin ich dort nicht aufgewachsen und somit auch nicht mit den Traditionen, wodurch mir wahrscheinlich auch der Bezug fehlt. Gestern bin ich jedoch dorthin gegangen, einfach "um mal zu gucken", das letzte mal habe ich so viele Leute 2011 bei meinem Abitur gesehen. Und damals habe ich mich noch nicht gefunden. Ich war nicht so wie jetzt, weil ich nicht wusste, wer genau ich bin, habe mich zwar für Mode interessiert, aber wusste auch lange noch nicht, was ich machen soll. 
Übrigens, danke an dieser Stelle nochmal an meine Stufe: in der Abizeitung gab es ja Titel, die vergeben wurden. Größter Tollpatsch, größte Zicke, usw.
Ich war durchweg (fast) immer an der Spitze der negativen Sachen. Ich war auch übrigens die erste Hartz 4 Empfängerin, mit über 80%.
Weil ich so selten in der Schule war. Weil Schule nicht mein Ding war, muss ich ehrlich zugeben. Immer Grüppchen, immer alles, was ich nicht wollte oder konnte. Immer hat irgendwer gesagt "ja aber die hat gesagt, dass du gesagt hast..." und dann gab es Zoff oder sonstwas. Irgendwann hab ich mich dann zurückgezogen und wollte einfach nur noch, dass es aufhört. Wie gesagt - Traditionen, abends alle zusammen als Gruppe was trinken gehen, das war nichts für mich. Das waren die Zeiten, wo eh immer falsch war, was man gemacht oder gesagt hat. Im letzten Jahr habe ich meinen Freund kennengelernt und war froh, jemanden zu haben, der mein Ausgleich war. Und das Ende war endlich in Sicht. "Schule, das ist die beste Zeit in deinem Leben." Nein, nicht für mich. Ich blicke nie zurück. Ich vermisse FAST nie die "gute, alte Zeit." Durch mein Fernstudium habe ich Zeit für mich gefunden. Ich habe angefangen, mich zu finden. Ich weiß noch nicht zu 100%, was ich mal machen werde, aber ich weiß jetzt, was ich kann und dass anderen Menschen gefällt, was ich mache. Und ich endlich auch sagen kann, was ich will, ohne dass irgendwer wieder sagt "das sagt man aber nicht, die sind jetzt sauer auf dich." 

Gestern bin ich dort reingekommen und meine Freundin, die nicht aus diesem Ort kam, sagte, sie fühlt sich beobachet. Wo ich herging, wurde getuschelt und geguckt. Es war wirklich ein sehr komisches Gefühl. Aber irgendwer hat das Eis gebrochen (natürlich nicht irgendwer, die Person kam schon am Eingang auf mich zu) und hat mich, obwohl wir jahrelang nicht miteinander gesprochen haben, gelobt. Für das, was ich tue, was ich schreibe, was ich trage, dass ich Erfolg damit habe. Wirklich ehrlich und aufrichtig. Es war mir unangenehm, mit sowas kann ich nicht umgehen, ich dachte anfangs immer nur "Hoffentlich meinen die das ernst", aber irgendwann ist meine Scheu gefallen. Und nach und nach kamen viele Leute zu mir, haben mich auf meinen Blog angesprochen und mir Komplimente gemacht. Manche haben auch gesagt "du sahst damals in der Schule schon so gut aus" (von der Kleidung her oder gepflegt, ich weiß es nicht genau). Aber damals habe ich sowas nie gehört. Es freut mich sehr, sowas zu hören, das macht es mir leichter, auf die Schulzeit zurückzublicken. Viele Leute, die nicht einmal auf Facebook mit mir befreundet sind, kamen zu mir und haben was Nettes gesagt. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich mit so etwas nie gerechnet hätte. Natürlich gab es auch, wie gesagt, Leute, die nur geguckt haben und getuschelt. Sicher gibt es auch sehr viele Leute, die das, was ich mache, total bescheuert finden. Es ist ein komisches Gefühl, von Menschen, die ich "kannte", angesprochen zu werden und die Inhalte meiner Posts, die sie besonders gut fanden, loben. Dadurch weiß ich, dass viele Leute, die ich kenne, die aber nie was gesagt haben, meine Sachen ebenfalls lesen - und auch viele mögen. Dafür bin ich wirklich dankbar und auch jetzt noch bin ich positiv überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dass ich jemals wieder von manchen Leuten was Nettes gesagt bekomme (und dann auch noch so viel) - denn immerhin war ich ja immer "die böse, doofe Tara", die die Spitzen der negativen Sachen angeführt hat. Aber das lag sicher auch viel an mir, denn wenn man sich Fehl am Platz fühlt, will man ausbrechen. Und wenn das nicht klappt, dann zieht man sich zurück. Gestern habe ich gelernt, dass man sich zwar immernoch Fehl am Platz fühlen kann (denn das habe ich) - aber sich dabei wohl fühlen kann. Und darüber bin ich sehr glücklich. Und ich danke allen, die den Mut gefasst haben (ob Alkohol im Spiel war oder nicht, ist Nebensache) und auf mich zugegangen sind und offen und ehrlich mit mir geredet haben - und nicht einfach nur dasaßen und getuschelt haben. 

Und an die, die noch in der Schule sind und sich vielleicht auch nicht wohl fühlen oder nicht wissen, was aus euch wird: The best is yet to come! Nach der Schule beginnt die Zeit der Verwirklichung, wo ihr rausfindet, wer ihr seid und/oder wer ihr sein wollt. Bei manchen, so wie bei mir, dauert es eben länger und man weiß nicht schon mit 16, dass man mal Bankkauffrau/Mann, Polizist/in oder was auch immer werden will. 

3 Kommentare:

  1. Wieder mal ein total toller Post mit dem auch ich mich identifizieren kann.
    Der Cliquentyp war ich auch nie. Ich hatte meine Freunde aus der Tanzschule
    und ein zwei außerhalb davon und das war es auch schon.
    Mir sind 2 Leute die es ehrlich mit Dir meinen lieber als Hunderte von falschen Freunden.
    Auch ich bin momentan in einer Selbstfindungsphase und kann noch nicht voll zufrieden
    mit mir sein. Ich bin die Selbstkritikerin in Person. Egal was ich mache oder Tue, ob es Sinn
    hat oder nicht, ob ich abgenommen habe und meine das es noch mehr sein muss nichts mache
    ich mir selbst recht. Wie ich es abstellen kann weiß ich auch noch nicht ganz genau aber eines
    weiß ich sicher: "Der Weg ist das Ziel".
    Irgendwann wird jeder mit sich zufrieden sein können. Ein kleiner Schritt ist es sich die Dinge aufzuschreiben, die einen Glücklich und Zufrieden gemacht haben.
    Müsst ich auch mal wieder tun denn zu dieser Zeit ging es mir wesentlich besser.
    Ich wünsche Dir von ganzem Herzen das Du weiterhin so bleibst wie Du bist den so wie Du bist bist Du gut und ein Individuum.

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  2. Hallo, liebe Tara :)
    Das Gefühl, welches du in deinem (übrigens absolut gelungenem Post) beschreibst, kenne ich nur zu gut. Auch ich wohne in einem relativ kleinen Ort und bei uns gibt es ebenfalls diese Schützenfeste. Ich muss sagen, ich mag das eigentlich (feiern, zusammen sein und ja, auch ein bisschen was trinken und am Ende Schlager singend auf der Bierbank stehen) aber es gibt eines, was ich am Dorfleben wie die Pest hasse: Jeder denkt, er hat das Recht über dich und dein Leben zu urteilen, was du anziehst, mit wem du dich triffst, ja sogar darüber, wie du sprichst!
    Das geht mir richtig auf die Nerven, aber ich denke so ist das mit vielen Dingen und man sollte immer die positiven Seiten im Leben suchen und sich nicht auf die negativen fixieren.

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  3. Hans Christian AndersenMontag, Juni 23, 2014

    Kennst Du das Märchen vom hässlichen, kleinen Entlein, das sich zu einem herrlichen
    Schwan entwickelt? Es zerreißt einem das Herz, alle hacken auf dem armen, kleinen Schwan
    herum. Grüße Heinz Pinsler.

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