...und Handtaschen, die Papa nie gekauft hat.
Ihr Lieben,
Ich habe eine neue Handtasche! Eine Louis Vuitton Sac Noe Grand von 1979.
"Waaaaas, keine Neue???"
Nein. Keine Neue.
Ich finde es unglaublich spannend, faszinierend und interessant, dass ich jetzt eine Handtasche habe, die viel älter ist als ich.
Und, ganz ehrlich? Ich habe keine knapp 1000€ für eine Handtasche.
Ich bin Studentin und wohne nicht mehr zuhause.
Woher soll ich dann eine neue Designertasche haben?
Klar, ich habe eine Chanel. Vintage, von einer Freundin gekauft.
Ich habe eine andere Louis Vuitton, neu, im Laden gekauft.
Von meinem Freund geschenkt bekommen, nachdem er neben seinem Studium und seiner eigenen, kleinen Firma noch zwei Monate 9 Stunden Schichten in einer Fabrik Ferienarbeit gemacht hat.
Die ich auch erst nicht annehmen wollte.
Klar, es gibt viele Mädchen (und natürlich Jungs), deren Eltern Geld haben.
Auch gerne viel Geld.
Und dann ist man Daddys kleine Prinzessin, die mit Schlosshundaugen am Gucci Fenster hergeht und sagt: "Die will ich. Und die auch. Die haben jetzt alle."
Ihr solltet eins über mich wissen:
Ich bin in den größten Villen aufgewachsen, meine Familie hatte Geld, wir sind jedes Jahr sehr oft in den Urlaub geflogen. Ich hatte alles, was ich wollte und noch mehr.
Als ich in die Pubertät kam, wo man denkt, die ganze Welt ist die Hölle und niemand versteht einen und überhaupt, ich-hasse-alles-außer-meine-coolen-Freunde, da haben sich meine Eltern scheiden lassen. Bam. Geld weg. Nichts mehr da. Und ich musste lernen, dass neue Sachen nicht vom Himmel fallen. Und dass man dafür etwas tun muss.
Eine Seite meiner Familie hat noch immer Geld.
Da könnte ich klingeln und sagen: "Bitte, bitte, ich bin doch Fashion Blogger, die wollen die neuesten Designer-Teile sehen."
Und wisst ihr was? Ich würde mich schämen.
Ich verurteile niemanden für das, was er tut. Wenn andere Mädchen sich in einem Alter, wo man auch gut und gerne ausziehen kann und auf eigenen Füßen stehen könnte, von Papa alles kaufen lassen, dann machen sie das. Ich muss aber sagen, dass ich das absolut nicht gutheiße.
Ein Fashion Blog ist für mich etwas authentisches.
Ich zeige euch Sachen, die ich mir kaufen kann, wenn ich Geld habe.
Wenn ICH Geld habe.
Bafög. Oder arbeiten war.
Ich zeige euch allerdings keine Sachen, die mir meine Familie gerade gekauft hat (nicht einmal zum Geburtstag oder so, das ist VÖLLIG okay! Nein, sondern immer und immer wieder), weil "ich es halt kann." Ihr zwar nicht, aber mir doch egal, Hauptsache ich hab geile Sachen, die ihr euch gerne aus der Ferne angucken könnt, die ihr euch aber jedoch nicht leisten könnt.
Pech. Und dann stell ich mir vor den Ferrari in unserer Dreifachgarage neben unserer Bungalow-Villa im High-End Viertel von irgend einer coolen Stadt, die man aus dem Fernsehen kennt, und pose dann: "Neu. Hihi."
Das ist für mich komplett realitätsfern.
Ich weiß, Bloggen ist nicht das, was das Leben ist.
Klar erzähle ich euch, wenn ich was schönes Neues habe.
Glitzer, Lachen, Sonnenschein.
Dass ich aus Italien gekommen bin und 4 Tage lang mit einer schweren Lebensmittelvergiftung gekämpft habe, wisst ihr nicht.
Passt ja auch nicht ins Konzept.
Ich werde das auch nicht erzählen, wenn das nächste mal etwas mit mir ist. Oder irgend ein Tiefschlag passiert ist. Manche Sachen bleiben bei mir, manche teile ich mit euch. Natürlich meistens die schönen Dinge.
Allerdings können dadurch viele Illusionen auftreten, von denen ich euch ganz klar sage: Mein Leben ist NICHT besser als das von euch. Da bin ich mir sicher.
Und wenn ich irgendwann mal zu Geld kommen sollte, warum auch immer - ich meine, dass ICH zu Geld komme. Ich. Durch harte Arbeit. Dann werde ich mir auch was gönnen. Klar, dann hole ich mir sicher auch teure Taschen und vielleicht ein anderes Auto, was nicht permanent in die Werkstatt muss und schon 300.000 km runter hat. Aber ich werde niemals protzen mit Sachen, die ich mir nicht selbst leisten kann. Und generell auch nicht protzen.
Ich kenne beide Seiten - eigentlich sogar drei - Reich, Arm und Mittelmaß.
Ich kann mich nicht beschweren, mir geht's gut.
Ich kann mir Dinge leisten.
Nicht alle, aber das muss ich auch nicht.
Aber das schönste Gefühl ist für mich, dass ICH mir etwas kaufen konnte. Oder Geld einzahlen konnte.
Eigenständig.
Ich weiß, viele Blogger sagen "Ich habe hart dafür gearbeitet!!"
Bullshit.
Manche ja, manche aber eben auch nicht.
Ich bin nicht ganz realitätsfern und ich weiß, dass man mit einem Ausbildungslohn/als Student keine coole It-Wohnung in der Innenstadt einer Großstadt zahlen, jeden Abend Cocktails trinken und sich dann mal eben die neueste Celiné Tasche gönnen kann. Das funktioniert einfach nicht, auch nicht mit irgendeinem Nebenjob.
Miete zahlt sich nicht von alleine, das Handy auch nicht, auch nicht das neue MacBook oder Strom, Rechnungen und Essen/Trinken.
Und wenn jetzt jemand diesen Post falsch verstehen möchte, werde ich direkt gegensteuern:
Nein. Ich bin nicht neidisch.
Ich bin froh.
Ich bin froh, dass ich alle Seiten der Gesellschaft kenne.
Und ich habe gelernt, dass, egal wie viel Geld eine Familie hat, man seine Kinder nicht mit Designersachen zumüllen sollte, sondern dafür sorgen sollte, dass man ab einem gewissen Alter für eine Ausbildung/Studium auszieht und einfach mal versucht, sich selbst was aufzubauen, anstatt einen Anruf zu tätigen und jault, damit man nicht selbst arbeiten muss.
Und jetzt bewundert bitte alle meine vermackte, alles andere als neue, alte, wunderschöne Tasche, die ich mir selbst gekauft habe. :D